100 Jahre Karlheinz Deschner

Am 23. Mai 2024 jährt sich der Geburtstag von Karlheinz Deschner zum 100. Mal. Ein hervorragender Anlass, um an das Leben und Werk des Autors der »Kriminalgeschichte des Christentums« zu erinnern, der auch ein entscheidender Impulsgeber für die Gründung der Giordano-Bruno-Stiftung war.

»Auf­klä­rung ist Ärger­nis, wer die Welt erhellt, macht ihren Dreck deut­li­cher.« Mit die­sem Apho­ris­mus for­mu­lier­te Karl­heinz Desch­ner sein Lebens­mot­to. Als unbeug­sa­mer »Streit­schrift­stel­ler« war Desch­ner über Jahr­zehn­te hin­weg die Per­so­ni­fi­ka­ti­on des auf­klä­re­ri­schen Ärger­nis­ses, ein gif­ti­ger Sta­chel im Fleisch sei­ner Zeit, an dem sich die Dis­kus­si­on immer wie­der neu ent­zün­den muss­te. Bis zu sei­nem Tod im Jahr 2014 deck­te er mit einer sprach­li­chen Schär­fe, die an Fried­rich Nietz­sche erin­ner­te, all jene Unge­heu­er­lich­kei­ten der Geschich­te auf, die maß­geb­li­che Ver­tre­ter von Poli­tik und Kir­che ger­ne für alle Ewig­keit unter den Tep­pich gekehrt hät­ten.

Heu­te zählt vie­les von dem, was Desch­ner ver­öf­fent­licht hat, zum Com­mon Sen­se. Die Desch­ner­sche Per­spek­ti­ve, die im 20. Jahr­hun­dert noch gro­ße Empö­rung aus­lös­te, ist inzwi­schen weit­hin akzep­tiert und wird in vie­len reli­gi­ons­ge­schicht­li­chen Doku­men­ta­tio­nen wei­ter­ge­tra­gen – mit ein Grund für den fort­schrei­ten­den Nie­der­gang der kirch­li­chen Macht in West­eu­ro­pa sowie für den bemer­kens­wer­ten Trend der Säku­la­ri­sie­rung in den letz­ten Jahr­zehn­ten. Dass die kon­fes­si­ons­frei­en Men­schen schon in weni­gen Jah­ren die Bevöl­ke­rungs­mehr­heit in Deutsch­land stel­len wer­den, ist nicht zuletzt auf die auf­klä­re­ri­schen Impul­se zurück­zu­füh­ren, die von Desch­ners Werk aus­ge­gan­gen sind.

Mit der Giord­a­no-Bru­no-Stif­tung war Karl­heinz Desch­ner seit ihrer Grün­dung im Jahr 2004 eng ver­bun­den, er war sogar der ent­schei­den­de Aus­lö­ser dafür, dass die Stif­tung über­haupt ins Leben geru­fen wur­de. Schließ­lich waren es sei­ne Wer­ke, die bei gbs-Grün­der Her­bert Stef­fen ein »umge­kehr­tes Damas­kus­er­leb­nis« aus­lös­ten, durch das er sich vom »from­men Pau­lus« in einen »frei­geis­ti­gen Sau­lus« ver­wan­del­te. Die ers­te gro­ße Ver­an­stal­tung, wel­che die gbs orga­ni­sier­te, war der Fest­akt zu Desch­ners 80. Geburts­tag in sei­ner Hei­mat­stadt Haß­furt im Mai 2004 – und die letz­te Ver­an­stal­tung, an der sich Karl­heinz Desch­ner aktiv betei­lig­te, war der Fest­akt zur Voll­endung sei­ner zehn­bän­di­gen »Kri­mi­nal­ge­schich­te des Chris­ten­tums«, der im März 2013 am gbs-Sitz »Haus Weit­blick« in Ober­we­sel statt­fand. Vie­le Gäs­te der Ver­an­stal­tung im gbs-Forum hat­ten bei Desch­ners Rede Trä­nen in den Augen, da sie ahn­ten, dass dies wohl sein letz­ter öffent­li­cher Auf­tritt sein wür­de. Am 8. April 2014 starb Karl­heinz Desch­ner im Alter von 89 Jah­ren an den Fol­gen eines geplatz­ten Aneu­rys­mas. Mit ihm ver­lor die Welt einen ihrer fas­zi­nie­rends­ten und streit­bars­ten Autoren.

 
Neue Desch­ner-Doku und ‑Web­site zum 100. Geburts­tag

Die Giord­a­no-Bru­no-Stif­tung hat den 100. Geburts­tag zum Anlass genom­men, um eine neue auf­wän­di­ge Video-Doku­men­ta­ti­on zu Leben, Werk und Wir­kung des »größ­ten Kir­chen­kri­ti­kers aller Zei­ten« (Die­ter Birn­ba­cher) zu pro­du­zie­ren. Der Film »Karl­heinz Desch­ner: Der Streit­schrift­stel­ler« von Ricar­da Hinz und Micha­el Schmidt-Salo­mon fei­ert sei­ne Liv­e­pre­mie­re am kom­men­den Mitt­woch (22.5.2024) um 19:30 Uhr auf dem You­Tube-Kanal der gbs.

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Dar­über hin­aus ist unter der Domain karlheinz-deschner.de ab sofort eine neue Desch­ner-Web­site abruf­bar, die von Flo­ri­an Che­fai (gbs, Hans-Albert-Insti­tut) gestal­tet wur­de. (Die alte Desch­ner-Home­page deschner.info wird aus archi­va­ri­schen Grün­den wei­ter­hin ver­füg­bar blei­ben.) Die neue Desch­ner-Web­site karlheinz-deschner.de infor­miert in zeit­ge­mä­ßer Form über das Leben und Werk des Aus­nah­me­schrift­stel­lers, in der Desch­ner-Media­thek fin­den sich aus­ge­wähl­te Vide­os, Bil­der und Text­bei­trä­ge, im Desch­ner-Blog erhält man zusätz­li­che Infos u.a. zu inter­es­san­ten Neu­erschei­nun­gen. Dar­über hin­aus sind rund um den Geburts­tag Social-Media-Kam­pa­gnen unter dem Hash­tag #deschner100 geplant.

»Wir hof­fen, auf die­se Wei­se auch ein etwas jün­ge­res Publi­kum für Karl­heinz Desch­ner inter­es­sie­ren zu kön­nen«, erklärt der Phi­lo­soph und gbs-Vor­sit­zen­de Micha­el Schmidt-Salo­mon, der eng mit Karl­heinz Desch­ner zusam­men­ge­ar­bei­tet hat. »Dass vie­le jün­ge­re Men­schen mit dem Namen Desch­ner nichts mehr ver­bin­den, kann man durch­aus nach­voll­zie­hen. Denn wer die hef­ti­gen welt­an­schau­lich-poli­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen des letz­ten Jahr­hun­derts gar nicht mit­er­lebt hat, kann nur schwer ein­schät­zen, gegen welch mas­si­ve Wider­stän­de Auf­klä­rer wie Karl­heinz Desch­ner die Frei­hei­ten erkämp­fen muss­ten, die heu­te oft als selbst­ver­ständ­lich betrach­tet wer­den. Das Pro­blem dabei: Durch die­se geschichts­blin­de Per­spek­ti­ve steigt die Gefahr, dass die hart erkämpf­ten Frei­hei­ten wie­der ver­lo­ren gehen. Jeden­falls gibt es gute Grün­de dafür, an das Leben und Werk Karl­heinz Desch­ners zu erin­nern. Nicht nur, weil die The­men, die Karl­heinz behan­delt hat, aktu­ell blei­ben wer­den, son­dern auch, weil Schrift­stel­ler sei­nes For­mats sel­te­ne Aus­nah­me­erschei­nun­gen sind in dem Meer der Mit­tel­mä­ßig­keit, das uns umgibt…«